Tages-Anzeiger

2023-02-22 18:12:02 By : Ms. Eleanor Deng

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Ophelia Snyder will es Anlegerinnen und Anlegern so leicht wie möglich machen, in Kryptowährungen zu investieren. Dazu hat die New Yorkerin zusammen mit Hany Rashwan, ihrem Freund aus Stanford–Studienzeiten, vor fünf Jahren ein Start-up gegründet. Sie nannten es 21Shares – eine Reminiszenz an die 21 Millionen Bitcoins, die maximal je existieren werden – und schlugen in einer kleinen Dachwohnung im Zürcher Niederdorf ihre Zelte auf.

Dann lancierten sie an der Schweizer Börse SIX das weltweit erste an einer Börse handelbare Kryptoprodukt. 

Inzwischen ist aus der Zweierkiste ein Unternehmen mit über 130 Angestellten geworden, das gemäss der Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg als «neuer Stern am Kryptohimmel» strahlt. Im vergangenen Herbst schloss das Gründerduo eine Finanzierungsrunde mit 25 Millionen Dollar ab und erlangte mit einer Bewertung von zwei Milliarden Dollar den Status eines sogenannten Unicorn («Einhorn»). So werden Firmen bezeichnet, die mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet werden. 

Wie ist so eine Erfolgsgeschichte mitten im kältesten Kryptowinter und nach dem Zusammenbruch der Kryptobörse FTX möglich?

Die Büros am Hauptsitz in der Zürcher Innenstadt sind fast menschenleer. Rund 70 Angestellte würden in den darüberliegenden Etagen arbeiten, versichert Snyder, die übrigen in New York.

Wer glaubt, eine verunsicherte Jungunternehmerin anzutreffen, irrt. Ophelia Snyder strotzt vor Selbstbewusstsein. Sie ist eben aus New York eingeflogen, wohin sie regelmässig pendelt. Sie sagt: «Uns geht es gut. Wir sind kontinuierlich gewachsen und haben in den letzten zwölf Monaten konstante Geldzuflüsse verzeichnet.»

21Shares bietet börsengehandelte Kryptowährungsprodukte an, sogenannte ETPs. Anlegerinnen und Anleger investieren damit nicht direkt in Bitcoin und Co., sondern in Wertanlagen, die Preisentwicklungen von Kryptowährungen abbilden. 

Kaufen können Kunden die Produkte über eine der 24 angeschlossenen Banken und Kryptohändler, darunter Postfinance und Swissquote. «Auf die gleiche Weise, wie man Zugang zu Tesla-Aktien und Aktien von UBS erhält, kann man über uns Zugang zum Kauf von Kryptowährungen erhalten», erklärt Snyder.

Das Konzept scheint aufzugehen. Snyder, studierte Geo-Wissenschaftlerin und spätere UBS-Bankerin an der Wallstreet, verwaltete im vergangenen Jahr durchschnittlich ein Vermögen von 1,4 Milliarden Dollar. Ende Jahr sank es auf eine Milliarde.

Die Netto-Neugelder beliefen sich im selben Zeitraum auf 145 Millionen Dollar. Das gesamte Portfolio sei im vergangenen Jahr um 15 Prozent gewachsen, einzelne Produkte gar zwischen 20 und 50 Prozent. Wie viel Geld von Privatanlegern und wie viel von Firmen stammt, hält sie geheim.

Heute ist das Start-up gemäss einem aktuellen Bericht aus dem Crypto-Valley Zug der weltweit grösste Anbieter von börsengehandelten Produkten auf Kryptobasis. Unter den laut der SIX 16 Mitbewerbern sind Firmen wie Leonteq Securities und ETC Group. 

Geld verdient das Start-up mit den Gebühren, das es auf das verwaltete Vermögen erhebt.

Das 21Shares-Portfolio umfasst inzwischen über 47 Produkte. Die einfachsten bilden lediglich die Kurse von Kryptowährungen wie Bitcoin oder Polkadot ab. Man kann auch auf sinkende Kurse wetten oder Währungskörbe kaufen. Geld verdient das Start-up mit den Gebühren, das es auf das verwaltete Vermögen erhebt. Diese liegen je nach Produkt zwischen 0,2 und saftigen 2,5 Prozent. Seit zwei Jahren arbeite man profitabel, versichert Snyder.

Die Bewertung von 2 Milliarden hält die Gründerin denn auch für gerechtfertigt. Sie verweist auf die Grösse und die mehrjährige Erfahrung des Unternehmens. Dazu komme eine stabile Vermögensbasis und die eigens entwickelte Technologie. Dreissig Softwareentwickler sind dafür eingestellt.

Mitbewerber und Branchenkenner loben alle den Pioniergeist des Jungunternehmens. Sie attestieren ein Gespür für Marktentwicklungen und die Fähigkeit, laufend neue Produkte zu schaffen. «Sie waren die Ersten mit Krypto-ETPs», sagt etwa Stefan Schwitter, Leiter der Vermögensverwaltung bei der Crypto-Finance-Gruppe. «Das war grossartig für die Branche. Davon profitiert 21Shares noch heute.»

Aber auch Skepsis an der Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells wird geäussert. Namentlich wegen der bescheidenen Gewinne. Diese beliefen sich auf 610’000 Franken (per Juni 2022) und 1,5 Millionen (per Juni 2021).

Bereits vor Jahren hatten Ophelia Snyder und Hany Rashwan ihren Müttern beim Kauf von Bitcoins geholfen. Daraus sei dann die Geschäftsidee entstanden, erzählt Snyder. Am operativen Hauptsitz in Zürich und in Zug, wo die Firma gemeldet ist, habe sich diese Idee schliesslich weltweit am besten umsetzen lassen – «wegen der klaren und präzisen Vorschriften für Kryptowährungen». 

Der dramatische Sinkflug der Kryptokurse hat auch das von 21Shares verwaltete Vermögen von drei Milliarden Dollar im November 2021 auf derzeit rund eine Milliarde schrumpfen lassen. Einzelne Produkte verloren bis zu 90 Prozent des Nennwerts.

Trotzdem will sie den Vertrauensverlust in die Kryptowelt, gewachsen  durch die FTX-Pleite, nicht kleinreden. «Aber das war Betrug und hat nichts mit Krypto zu tun», sagt sie. Sie hofft, dass jetzt endlich mehr Regeln eingeführt und durchgesetzt werden. Die Schweiz habe diesbezüglich bereits einen sehr guten Job gemacht. 

«Wenn wir hypothetisch in Konkurs gingen, können sich Anleger die Schlüssel für das Schliessfach holen.»

Aber können Kunden sicher sein, dass bei 21Shares hinter der denkmalgeschützten Fassade nicht Ähnliches abläuft? Snyder bejaht die Frage mit Nachdruck und betont: «Wir halten keine Vermögenswerte auf anderen Plattformen, und wir vermischen sie nicht mit den Vermögenswerten anderer Leute.» 21Shares lege die verwalteten Kryptovermögen wie einen Goldbarren in eine Art Offline-Schliessfach. 

Dieses wird von einer institutionellen Verwahrstelle verwaltet, entweder von der Coinbase Trust Company oder von Copper Technologies Switzerland – eine Anforderung der Aufsichtsbehörden. Seit Jahren sei 21Shares gesetzlich verpflichtet, zwei Mal pro Jahr nachzuweisen, dass das verwaltete Geld noch vorhanden sei: «Wenn wir also hypothetisch in Konkurs gingen, können sich Anleger dort die Schlüssel für das Schliessfach holen.»

Korrektur (23.1.2023 um 17:20 Uhr): In einer früheren Version war die Rede von Netto-Neugeldern im 2022 von 1,5 Millionen Dollar. Korrekt ist: 145 Millionen Dollar.